„Wir wollen Top-Niveau“

- Das Interview der Woche: Nicolej Krickau

Die SG Flensburg-Handewitt steht in den Startlöchern. Zum zweiten Mal wird Nicolej Krickau als Chefcoach der SG den Saison-Auftakt erleben. Worauf wird es angekommen? Wo wurden die Stellschrauben angezogen? Und was ist neu in der Mannschaft? Die Redaktion sprach ausführlich mit dem 37-Jährigen.

Könnte es durch die fünf Goldmedaillen der dänischen Spieler Rückenwind für die kommende Saison geben?
Nicolej Krickau: In jedem Fall sind die Jungs mit guter Laune zurückgekehrt. Wir müssen aber abwarten, wie sich alles mental und körperlich auswirkt. Aber es ist natürlich gut, dass nicht nur unsere Dänen, sondern insgesamt sieben unserer acht Spieler mit guter Stimmung aus Frankreich zurückkamen. Auch Johannes Golla darf mit Silber sehr zufrieden sein, seine eigene Leistung war hervorragend. Und Blaz Blagotinsek spielte ein gutes Turnier mit Slowenien. Nur die Schweden und damit Jim Gottfridsson dürfen enttäuscht sein.

Wie wertvoll war die erste Phase der Vorbereitung für die Spieler, die während der Olympischen Spiele im SG Dress trainierten?
Nicolej Krickau: Es ist natürlich schwer für die verbliebenen Spieler, die Motivation immer hochzuhalten, wenn die halbe Mannschaft fehlt. Es war keine taktische, sondern nur eine individuelle Vorbereitung möglich. Angesichts dieser Ausgangsbasis haben es aber alle gut gemacht. Zudem war die Zusammenarbeit mit Sønderjyske eine gute Sache.

Dein Kader wurde zunächst mit jungen Spielern aufgefüllt. Drängt sich nun einer der Youngster für höhere Aufgaben auf?
Nicolej Krickau: Wir kennen natürlich alle diese Spieler. Oskar Czertowicz hatte im Sommer zwei Operationen am Blinddarm, ist nun aber wieder bereit. Auch Thilo Knutzen hat sich von einer Verletzung gut zurückgearbeitet. Beide werden sicherlich ihre Einsatzzeiten in der EHF European League erhalten. Bei Jonas Mau und Valdemar Landvad ging es um die individuelle Entwicklung, uns fehlten ja alle drei Kreisläufer. Jaris Tobeler ist ein interessanter Linkshänder, aber für ein Doppelspielrecht leider etwas zu alt. Ben Schmitt hingegen ist unser dritter Torwart und soll sich bereithalten.

Bist du froh, dass du in diesem Olympia-Sommer nur einen Neuzugang zu integrieren hast?
Nicolej Krickau: Es ist immer schwer, die richtige Balance von Kreativität und Struktur im Handball zu finden. Deshalb gibt es immer etwas zu tun – auch wenn man wenige Neuzugänge hat. Aber es ist natürlich einfacher, nur einen und nicht sechs Spieler integrieren zu müssen – vor allem wenn man nur drei Wochen Zeit hat.

Was ist von Niclas Kirkeløkke zu erwarten?
Nicolej Krickau: Er ist ein unfassbar stabiler Spieler. In der letzten Serie warf er viele Tore für die Rhein-Neckar Löwen. Natürlich wollen wir mit ihm auch den rechten Rückraum stärken, bei uns sind aber seine Abwehr-Qualitäten wichtiger. Niclas steckt nun in der Situation, dass er der einzige ist, der unser System noch nicht so gut kennt. Da sollte man einen etwas ruhigeren Anfang akzeptieren.

Mit Anders Eggert hast du einen neuen Co-Trainer. Wie teilt ihr euch eure Aufgaben?
Nicolej Krickau: Der eine Abwehr, der andere Angriff – so kann man es nicht aufteilen. Ich bin für alles verantwortlich. Eggi ist mein Berater und setzt bei den Spielern die individuellen Impulse. Ich gebe die Richtlinien vor, und er kümmert sich um die Bereiche, die noch Lücken aufweisen. Auch in der Nachbereitung unserer Spiele wird Eggi viel beschäftigt sein, damit wir die individuellen Leistungen der Spieler immer im Blick haben.

Auch der Torwart-Trainer ist neu. Was spricht für Mats Olsson?
Nicolej Krickau: Mats hat eine Riesenerfahrung aus seiner eigenen Karriere und durch seine lange Tätigkeit als Torwart-Trainer. Er wird nicht jede Woche bei uns sein, da er auch viel in Spanien und Norwegen ist. Er kommt immer für ein paar Tage am Stück, arbeitet mit unseren beiden Torhütern und gibt Eggi und mir einige Handlungsanweisungen, mit denen wir dann weitermachen, wenn Mats selbst nicht da ist.

Gehört die SG in dieser Saison zu den Top-Favoriten auf die Meisterschaft?
Nicolej Krickau: Mit so etwas müssen wir uns nicht beschäftigen, nachdem wir in der letzten Saison zwölf Minuspunkte mehr hatten als die Spitze. Wir wollen und müssen unser Top-Niveau erreichen. Magdeburg und die Füchse bleiben sehr stark, Kiel bekommt einen Andreas Wolff dazu, und auch Melsungen hat vier bis fünf sehr interessante Neuzugänge. Die Rhein-Neckar Löwen muss man auch wieder im Blick haben, und Gummersbach könnte noch besser werden.

In welchem Bereich siehst du bei deinem Team das größte Potenzial nach oben?
Nicolej Krickau: In der Abwehr müssen wir mehr Variationen einbauen. Gerade beim Final Four der EHF European League hat Lukas Jørgensen gezeigt, dass er besondere Aufgaben in der Abwehr übernehmen kann. Dann das Umschalten in den Angriff: Wir sind schon in der letzten Saison viele Gegenstoße gelaufen, es müssen aber noch mehr werden. Außerdem wollen wir mehr über den rechten Rückraum gehen, da zuletzt die Verantwortung zu sehr auf dem linken Rückraum lastete. Und im Angriff wollen wir noch mehr an verschiedenen Stilen arbeiten: einige mehr mit Jim Gottfridsson, andere mehr mit Mads Mensah, und wieder andere mit beiden.

Zunächst habt ihr nur ein Spiel die Woche. Kommt dir dieser Rhythmus nach der kurzen gemeinsamen Vorbereitung gelegen?
Nicolej Krickau: Den Spielplan können wir nicht beeinflussen. Dieser Auftakt hat zwei Seiten. Zum einen können wir mehr trainieren und bestimmte Dinge verbessern. Andererseits müssen wir uns länger auf die Revanche gedulden, wenn wir mal verlieren sollten.